Hier gründete er sein eigenes Studio, das auf die Architektur des privaten Bereichs ausgerichtet ist. Antonin Zieglers eigener Raum, den er für sich selbst, seinen Partner und sein Architekturstudio konzipiert hat, entstand von Grund auf auf einem Grundstück von 35 m² in einer ruhigen Straße in einem Vorort der Stadt. Le 107, der Name, den es sich mittlerweile gemacht hat, steht schmal und hoch hinter einem eisernen Tor – ein bildhauerisches Portrait des unabhängigen Architekten, das wir heute entdecken dürfen.
Q&A
Das Erste, was an Le 107 auffällt, ist die effiziente Nutzung des Platzes. Was können Sie uns über die Arbeit innerhalb enger Grenzen erzählen?
Einschränkungen machen mich kreativer – innerhalb von Grenzen können wir uns ausdrücken. Bei Le 107 fand ich sie nicht besonders einschränkend. Da ich mein eigener Kunde war, musste ich mir nur über die Bauvorschriften und das Budget Gedanken machen, was ziemlich befreiend war. Interessanterweise war die Größe des Grundstücks weniger problematisch als die von der Nachbarschaft vorgegebene Höhenbegrenzung. Ich musste kreativ sein, um den vorhandenen Platz bestmöglich auszunutzen.
Gibt es konkrete Strategien, die Ihnen geholfen haben, den verfügbaren Raum zu maximieren?
Le 107 zeichnet sich durch eine Kombination aus Vertikalität und Offenheit aus. Es fühlt sich größer an, als es ist. Im Erdgeschoss gibt es beispielsweise große Erkerfenster zur Straße hin und eine Terrasse nach hinten, was den Innenraum wirkungsvoll in beide Richtungen vergrößert. Die oberen Stockwerke sind ebenso offen und gehen über Treppen ineinander über. Es ist ein Loft – aber vertikal. Ich fühle mich allgemein von der Idee angesprochen, dass Räume austauschbar sein können, dass ihr Zweck nicht in Stein gemeißelt ist.
Die Fassade von Le 107 bildet eine verspielte Collage aus Blech, Holz, Rohbeton und grauen Backsteinen. Erzählen Sie uns mehr über die Materialien, die Sie für Ihr Haus verwendet haben.
Ich habe schlichte Materialien ausgewählt, die zur Umgebung passen. Sie mussten auch günstig sein, damit ich mir die großen Erkerfenster leisten konnte, die einen Großteil des Budgets des Gebäudes ausmachen. Ich mag im Allgemeinen keine Materialien, die imitieren oder verbergen. Ich ziele auch auf Materialkohärenz ab: Wenn möglich, verwende ich die gleichen Materialien für das Äußere und das Innere eines Gebäudes.
Die äußeren und inneren Strukturen von Le 107 erscheinen wirklich nahtlos. Unterscheiden Sie überhaupt zwischen Architektur und Inneneinrichtung?
Für mich gibt es zwischen den beiden keinen Unterschied – es kann keinen geben, weil ein Gebäude als Ganzes betrachtet werden muss. Ich plane die Außenfassaden und die Innenräume gleichzeitig, und ich kann mir nicht vorstellen, anders zu arbeiten. Das wäre, als würde ein Maler nur das halbe Bild malen. Es ist wichtig, die Vision als Ganzes aufrechtzuerhalten.
Ein wichtiger Bestandteil Ihrer Vision als Ganzes ist die Küche. Bei Ihrer Arbeit gestalten Sie Küchen meist als offene, lichtdurchflutete Räume, in denen Menschen nicht nur essen und kochen, sondern auch leben. Was ist Ihre Designphilosophie für eine moderne Küche?
Die Küche ist das Herzstück des Hauses bei all meinen Projekten. Ich gestalte sie gern hinter großen Fenstern, da dort das Leben stattfindet und Menschen ihre Zeit verbringen – es ist genauso interessant hineinzuschauen, wie darin zu leben. Es ist egal, ob sie klein oder geräumig ist oder ob sie nur zwei Möbelstücke enthält. Das Wichtigste ist, dass die Küche das Zentrum des Hauses ist. Meine eigene Küche dient zum Beispiel als Basis von Le 107 und ist von jedem Winkel im Haus aus sichtbar. Ich koche zwar nicht oft, aber ich verbringe viel Zeit dort.
Küchengeräte bieten heute viel Innovation – von Modularität bis Konnektivität. Gibt es einen Trend, den Sie besonders bedeutend oder nützlich finden?
Was mich an der technologischen Evolution von Küchengeräten interessiert, ist ihre nahtlose Integration – bis zum Punkt des Verschwindens. Wenn der Kühlschrank, der Geschirrspüler und die Dunstabzugshaube unsichtbar sind, kann die Küche plötzlich andere Funktionen haben. Das eröffnet eine Vielzahl an Möglichkeiten für die Nutzung und die Gestaltung des Raums.
Ihr Studio ist nur ein Stockwerk höher, in einem Zwischengeschoss. Wie finden Sie den Ausgleich zwischen Privatleben und Arbeit, wenn sich beide so nah beieinander abspielen?
Ich trenne beide strikt. All meine Designs entstehen im Studio, und ich arbeite nie irgendwo anders im Haus. In dieser Hinsicht bin ich also wie jeder andere: Nach einem langen Tag freue ich mich darauf, das Büro zu verlassen und anderswo anderen Aktivitäten nachzugehen.
Bei großen Architekturfirmen in Paris, Rouen und Montréal haben Sie ganze Teams geleitet. Jetzt steht in Ihrem Studio ein einziger Schreibtisch. Arbeiten Sie lieber allein?
Das tue ich wirklich. Wenn ich heute ein Projekt annehme, umfasst mein Design nur, was ich allein fertigstellen kann. Das gefällt mir an der Größe eines einzelnen Hauses: Ich kann meine Vision unabhängig realisieren und vollständig die Kontrolle behalten. Es gibt jedoch noch einen anderen Aspekt: Ich gestalte gern Wohnhäuser, weil sie die Quintessenz der Architektur darstellen. Einer unserer stärksten Urinstinkte ist es, einen Unterschlupf zu finden. Das Erste, was ein Architekt skizziert, ist eine Linie zur Begrenzung des Raums, auf der später eine Wand stehen wird.
Während die meisten Architekten Fotografen anstellen, um ihre Arbeit festzuhalten, dokumentieren Sie Ihre Arbeit selbst. Mehr noch: Sie visualisieren Architektur für Dritte über 213613®, ein Studio für digitale Bildbearbeitung, das Sie nebenher betreiben. Orientieren sich Ihre Designs an Ihrem fotografischen Blick?
Fotografie ist eng mit Architektur verknüpft – und zwar so eng, dass ich mich frage, ob ich nicht vielleicht Architekt geworden bin, damit ich Räume schaffen kann, um sie dann zu fotografieren. Jede Sicht, die ich innerhalb eines Hauses gestalte, rahme ich wie eine Aufnahme. Die Software, die ich verwende, berechnet die Lichtintensität ähnlich wie eine Kamera. So kann ich meine Designs entsprechend anpassen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin eigentlich ein Szenograf.
Le 107 kann als Musterbeispiel für den Umgang mit dem Platzmangel in immer dichter besiedelten Städten dienen – eine heiße Diskussion für heutige Architekten und Städteplaner. Wie sollte sich die urbane Landschaft Ihrer Meinung nach entwickeln?
Ich mag dichte Städte, in denen jeder Winkel und jede Nische ausgefüllt sind. Meiner Meinung nach sind die Bauvorschriften und Regulierungen in Frankreich viel zu streng, wenn es um die Dichte geht. Eine Stadt wie Paris könnte zum Beispiel vertikal wachsen, wenn wir auf vorhandenen Dächern bauen könnten. Dichte ist ein Katalysator für Kreativität, der Architekten und Städteplaner zwingt, über neue Formen des Wohnens und des öffentlichen Raumes nachzudenken. Und neue Formen sind dringend nötig, weil wir die Zersiedelung unserer Städte nicht ins Unendliche treiben können.